An dieser Stelle könnt Ihr die Erlebnisse unserer Kolumnisten Josepha und Markus Wagner verfolgen. Ihr Beziehungsstart war eher spontan. Mit dem positiven Schwangerschaftstest in den Händen beschlossen Sie ein Paar und eine Familie zu werden. Inzwischen haben sie zwie Kinder und ein Haus.
Er ist weg. Und obwohl ich genau das kommen gesehen habe, konnte ich es nicht verhindern. Oder, wollte ich es gar nicht verhindern? Ich gehe in mich und erforsche meine Gefühle - nein, ich konnte es nicht verhindern. Aber warum? Weil ich mir nicht vertraute. Besser gesagt, ich habe nicht in meine handwerklichen Fähigkeiten vertraut. Nein, ich habe nicht darauf vertraut, dass ich das lösen kann, weil ich Vater bin. Genau das ist der springende Punkt: Väter können immeralleslösen, ganz egal worum es geht. Der Papa wird’s schon richten - und zwar am Besten sofort. Aber ich habe versagt. Dabei hätte ich nur in meine Werkstatt im Keller gehen müssen, das ca. eine Millionen Teile umfassende Eisenwarensortiment, das ich dort unten horte kurz studieren, meinen Vaterinstinkt einschalten und meine Hände hätten aus Schrauben, Dübeln, Winkeln, Muttern, Beilagscheiben und unzähligen anderen Teilen, deren Bezeichnung und Funktion ich nicht mal kenne, das richtige herausgefischt. So einfach wäre das gewesen. Dann hätte ich meinen neuen Akkuschrauber nehmen sollen, der wie eine Trophäe im Regal steht und verdammt nochmal nach oben gehen und das Gartentor kindersicher machen müssen.
Wie gesagt, ich hatte die Katastrophe kommen sehen. Ich habe Xaver dabei beobachtet, wie er herausgefunden hat wie der Mechanismus dieses verfluchten Tores funktioniert. Aber ich habe nicht reagiert, also in dem Moment selbstverständlich schon. Ich habe ihn ruhig, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass er das nicht darf. Dann habe ich meine väterliche Verantwortung abgegeben, an Josepha: „Hey Baby, wenn Du Xaver rauslässt musst’ jetzt immer bissl schauen, weil er rausgefunden hat wie er das Gartentor aufkriegt“ - „Mhhhmmmm“. Vermutlich war ihr die Tragweite gar nicht bewusst, denn sie war selbst gerade beschäftigt. Doch keine zwei Stunden später ist es geschehen. Ich höre Josepha rufen: „XAVER!?!?“ - ihr Ruf ist lauter als gewöhnlich, es liegt ein seltsamer Unterton in ihrer Stimme, Panik, Verzweiflung, Hilflosigkeit. Sofort gehe ich zur Balkontür meines Büros um mich zu erkundigen was los ist…
Für einen kurzen Moment stehe ich wie paralysiert vor dem Gartentor. Es ist sperrangelweit geöffnet und daneben liegt Xavers Fläschchen das er so liebt, aus dem er gerade eben noch Apfelsaftschorle getrunken hat, die wir spaßeshalber immer Kinderweißweinschorle nennen. Es ist leer. Genau wie unser Garten. Kein Xaver mehr. Langsam, wie ferngesteuert, gehe ich durch das Tor. Ich kann keinen Gedanken mehr fassen, in meinen Kopf überschlägt sich alles, Verzweiflung, Panik, Hilflosigkeit. Josepha stapft schnellen Schrittes bereits draußen rum, unseren Jüngsten, Franz auf dem Arm. Er versteht noch nicht, was mit seinen Eltern los ist. Er ist erst ein Jahr alt. Aber irgendetwas ist ihm nicht geheuer, er wird gleich anfangen zu weinen. Auch von den Gefahren die draußen vor dem Gartentor lauern hat er noch keine Ahnung: rasende Autos mit ihren unachtsamen Fahrern, eine Baustelle direkt neben uns mit unzähligen Möglichkeiten in ungesicherte Gruben zu stürzen, ein Wald, in dem, wenn man Xaver Glauben schenken darf, die Monster wohnen… Aber auch Xaver hat von all diesen Gefahren noch keine Ahnung und er ist weg. Nach draußen marschiert. Alleine. Ohne Mama. Ohne Papa. Plötzlich ist mein Kopf wieder klarer. Mein Vaterinstinkt erwacht.
In militärischem Ton schicke ich Josepha in westliche Richtung, aus guten Gründen, erstens, lauern dort die wenigsten Gefahren und zweitens, trägt sie Franz auf dem Arm und der westliche Weg ist der kürzere. Ich renne los. Nach Osten. Dort wo die Baustelle ist. Dort wo die Autos fahren. Denn sollte ihm wirklich etwas passiert sein, dann werde ich ihn unter bitteren Tränen in meinen Armen nach Hause tragen… ich wische die Schreckensbilder vor meinem geistigen Auge weg - mit all dem Mut, den ein Vater nun mal zu haben hat. Der Eingang zur Baustelle liegt direkt neben dem Grundstück unserer anderen Nachbarn. Als käme die Stimme aus tausend Kilometern Entfernung, vernehme ich wie ein Echo meine Nachbarin „Ist euer Bub weg? Hier ist er nicht vorbeigekommen.“ Auch von einem der Bäume im Nachbarsgarten hallt es herunter „Nein, hier ist er nicht vorbeigekommen.“ Maxi, der Älteste der Nachbarjungs sitzt dort oben. Ich stammele irgendetwas und meine Panik scheint überzuschwappen auf die Nachbarin „Maxi jetzt komm halt herunter und hilf mitsuchen!“ - sie selbst beginnt zu rennen, sie wirft den Korb, den sie vor sich herträgt achtlos zu Boden. Die Hilfsbereitschaft der Nachbarn bestärkt mich. Doch wo ist Xaver dann hin? Wäre er hier runtergekommen, hätte er an den Nachbarn vorbei müssen. Mir wird ganz heiß, ist er vielleicht schon weiter oben durch den Zaun geschlüpft und von der Mauer zur Baustelle gestürzt? Ich versuche noch schneller zu rennen… und höre Josepha rufen:
„Ich hab’ ihn!“ „Was?“„Er ist bei der Schaukel.“ Was? Bei der Schaukel?
Für einen kurzen Moment kenne ich mich gar nicht mehr aus, dann muss ich vor Erleichterung lachen. Er hat unseren Garten nie verlassen. In normalem Tempo mache ich mich auf den Rückweg, bleibe noch für einen Moment am Zaun stehen und plaudere mit meiner Nachbarin, sie erzählt mir, wie ihr Ältester einmal im Schwimmbad plötzlich verschwunden war und ich erzähle ihr eine Geschichte die ich aus den Tiefen meiner Erinnerung hervorkrame: Ich war ungefähr doppelt so alt wie Xaver jetzt und saß bei meinem Opa auf der Bierbank. Er hat mir eine Fanta gekauft und ich glaube, ich habe Würste gegessen, ich war sehr glücklich und fühlte mich ganz groß, weil ich mit Opa auf dem Dorffest Grillwürste esse und Limo dazu trinke. Als plötzlich meine Mutter vor mir stand und mir ein schallende Ohrfeige verpasste. Ich musste fürchterlich weinen und sie zerrte mich nach Hause. Da reißt meine Erinnerung ab. Heute kann ich ungefähr erahnen, was in ihr vorgegangen sein muss. Denn ich war wirklich einfach von zu Hause abgehauen und bin durch das halbe Dorf gelaufen, sogar über eine Hauptstrauße musste ich. Lachend gestehe ich mir ein, dass ich diese Ohrfeige wirklich verdient hatte und es sollte auch bis heute die einzige bleiben, die ich mir je von meiner Mutter eingefangen habe.
Als ich zu Hause ankomme, verzichte ich natürlich darauf Xaver eine zu scheuern und gehe einfach kurz in den Keller, in meine Werkstatt, schnappe mir ein Teil von dem ich nicht weiß wie man es nennt und wofür es eigentlich gedacht war und schraube es an das Gartentor. Das, was ein Papa eben macht. Aber ein bisschen leid tut es mir schon, denn als Xaver entdeckt, dass er jetzt das Tor nicht mehr selbst aufmachen kann, bricht er in Tränen aus. Sorry, Sohnemann… better safe than sorry.
„Ich glaub meine Fruchtblase ist geplatzt.“ — PAUSE.
„Hast du gehört?“ — LÄNGERE PAUSE.
„Meine Fruchtblase ist geplatzt!“
Reaktion: „Wo ist der Parmesan?“
Mein Mann steht mit dem Mittagessen in der Hand vor mir und wechselt zwischen allen denkbaren Gefühlsebenen hin und her. Vorherrschend ist Panik - gepaart mit „durch die Küche stolpern, einen Nudelteller balancieren und versuchen einen kühlen Kopf zu bewahren“. Denn welches Ereignis auf eine geplatzte Fruchtblase normalerweise folgt ist ihm klar: Unser Baby macht sich auf den Weg. Trotzdem: ein abruptes Stehenbleiben, mit dem Nudelteller in der Hand und der Panik in den Augen, die spricht „Parmesaaan!!!“
„Ich weiß es nicht. Der war gerade noch da“, höre ich mich sagen, während ich mit überraschender Ruhe das Treiben vor mir verfolge. Kurz stand ich einfach so da. Die Zeit schien für einen Moment ernsthaft still zu stehen. Irgendwie tat uns die Parmesan-Ersatz-Panik für einen Moment ganz gut.
Plötzlich kam aber wieder Schwung in die Szene, als ich merke, dass es wirklich und tatsächlich die Fruchtblase war und ich nicht unter spontaner Inkontinenz leide. Oh mein Gott - es geht los! Daraufhin haben wir beide panisch nach dem Parmesan gesucht. Es war die willkommene Ablenkung von dem eigentlichen Problem. Eine geplatzte Fruchtblase mitten in der Küche. Ihr dürft es euch aber nicht so vorstellen, wie ich es mir immer vorgestellt habe: Es macht FLATSCH und ZACK WUSCH steht man in einem See aus Fruchtwasser. Das gibt es sicher auch, aber bei mir war es weit weniger Comich-haft als ich es mir ausgemalt habe. Überhaupt ist nichts so eingetroffen, wie ich es mir ausgemalt habe. Und darüber hinaus war ich auch noch gar nicht bereit, obwohl ich terminlich gesehen längst bereit hätte sein sollen. Trotzdem war ich es nicht.
Nachdem wir den Parmesan endlich gefunden hatten, tat ich etwas, was mir sicher nicht weiterhelfen würde, aber in dem Moment die einzig vernünftige Entscheidung zu sein schien. Ich brachte unsere Pfandflaschen zurück. Was sonst? Was sonst wäre in solch einer Situation wichtiger als Pfandflaschen zurückzubringen. Natürlich wollte mich Markus davon abhalten, weil er diese Idee nicht wirklich zielführendfand. Wenn ich mir jedoch etwas in den Kopf gesetzt habe, dann mach ich das. Übrigens eine schreckliche Eigenart meinerseits. Egal was es ist, ich zieh es durch. Sei es noch so bescheuert. Und ja, es war bescheuert.
Das merkte ich spätestens an der Kasse. Denn es reichte natürlich nicht, einfach die leeren Flaschen zurück zu geben, Geld mitnehmen und raus aus dem Rewe. Nein. Ich musste natürlich noch einkaufen. Warum auch nicht? So ein mit Essen vollbepackter Kinderwagen lenkt mich sicher von der bevorstehenden Geburt ab. Ja, ihr lest richtig. Kinderwagen. Denn selbstverständlich ließ ich es mir nicht nehmen, auch unseren Erstgeborenen mitzunehmen.
An der Kasse kippte mir der Kinderwagen - vollgestopft mit einem Essensvorrat für zwei Monate - mitsamt Kind um.
Völlig durchgeschwitzt und abgekämpft traf ich noch eine Bekannte, versuchte unter Wehen ein einigermaßen vernünftiges Gespräch hinzulegen und war dann doch sehr froh, als ich endlich wieder zu Hause war. Jetzt war selbst ich davon überzeugt, dass es langsam Zeit wird ins Krankenhaus zu fahren. Mein Mann hatte zu Hause wohl nicht weniger gelitten. Zumindest war die Packung Parmesan leer.
Was nun folgt ist eine Geburt. Eine „ganz normale“ Geburt mit „ganz normalen“ Schmerzen.
Wohl auch ganz normal ist die Zeit danach. Also jetzt. Denn zwei Kinder, im Abstand von 18 Monaten können zu manch einer Herausforderung führen. Darüber haben wir uns anscheinend davor mal wieder nicht so viele Gedanken gemacht. Gut so. Denn sonst wäre diese Welt wohl um ein paar Kinder ärmer, wenn man sich das alles zuvor ernsthaft durch den Kopf gehen lässt.
Eines ist aber sicher: Parmesan gibt es bei uns ab jetzt in der Familienpackung. Für die Nudeln und für die Nerven.
„Wie? Ich soll mal langsam eine Kliniktasche packen? Einen Plan für Xaver aufstellen, wer auf ihn aufpasst? Warum?“
„Wie warum?“
„Ja genau! Warum sollte ich diese Einkaufsliste für das Wochenbett erledigen? Für WAS?“
„Wie, für was? Naja, fürs Wochenbett halt.“
„Aber warum? Wer liegt denn bald im Wochenbett?“
„Spinnst du jetzt oder was? Na DU!“
Ach ja, stimmt. Ich.
Ich schaue in die entgeisterten Augen meiner Freundin, während wir in einer frühlingshaften Sonne im Januar auf dem Spielplatz sitzen. Ich schaue weiter meinem Sohn Xaver zu, wie er mit seinen 16 Monaten alleine die Rutsche raufklettert und voller Freude und Stolz zu uns rüber winkt. Dann schaue ich mir die anderen Mamis an, die zum Teil größere Kinder dabei haben, aber auch kleinere. Auch sehr kleine Kinder. Also Babies.
Und „sowas“ soll auch ich bald wieder rum tragen? Ein Baby. Ein zweites Kind. Egal wie oft ich noch über meinen doch mittlerweile mächtigen Bauch streiche und egal wie oft das kleine Wesen mich da drinnen auch noch tritt, ich kann es nicht begreifen. Die Geburt von Xaver und das Leben mit ihm war für uns, da es sehr sehr ungeplant kam, schon ein Wahnsinn. Ein Geschenk. Eine Herausforderung. Eine unglaubliche Bereicherung. Aber wie wird es mit zwei von der Sorte?
Die typischen Fragen tun sich in mir auf: Kann ich Beiden gerecht werden? Wie verläuft die Geburt? Werden wir alle gesund aus der Nummer raus kommen? Wie reagiert Xaver auf ein zweites Kind in der Familie. Und mal wieder die Frage: wie soll das finanziell gehen? Brauchen wir bald eine größere Wohnung? In München - mit zwei Kindern und zwei Erwachsenen, die beide freiberuflich arbeiten und gerne Musikinstrumente spielen. Guter Witz…
Zum Glück werde ich von einer Mama am Spielplatz aus meinen Gedanken gerissen, die ihren Sprössling lautstark auffordert zu meinem Xaver zu gehen, um sich sein verlorenes Auto wieder zu schnappen: „Immer lässt du dir alles nehmen. Jetzt geh hin und hol es dir zurück! Sofort. Geh!“ Der sichtlich verwirrte kleine Knirps stampft zu meinem Sohn und streckt seine Arme aus. Xaver gibt das Auto brav zurück, nachdem er es von genau dem gleichen Knirps vor einer halben Minute erst bekommen hat. In den Augen unserer Schützlinge glaube ich zu erkennen, dass sie beide nicht wissen, was diese hysterische Frau gerade von ihnen will. Aber: „Hey Kumpel. Sag immer erst mal JA, wenn eine Dame was von dir will. Das erspart uns einmal sehr viel Stress.“ „Geht klar.“ antwortet mein Kind scheinbar mit einem Augenzwinkern und begibt sich wieder auf die Rutsche. Irgendwann werde ich sicher noch eine Kolumne über Mütter auf Münchens Spielplätzen schreiben. Ich schwöre es!
„Jetzt hör mal zu Josepha. Du kannst es weiterhin ignorieren, aber das Kind wird kommen. Entweder du bist dann vorbereitet oder eben auch nicht. Das ist deine Entscheidung.“
Meine Freundin hat recht. Wir bekommen ein zweites Kind. Einen Jungen. Was mir klar war, nachdem meine Schwester drei Mädchen zur Welt gebrach hat. Und es bleibt kaum noch Zeit, denn Ende Februar ist der Termin. Was ist nun also zu tun? Maxi Cosi wieder aus dem Keller, kleine Strampler aus den Schachteln unter dem Bett hervor kramen und einkaufen. Windeln und Co. Klinik, Geburtshaus oder Hausgeburt? Selbst da bin ich innerlich noch nicht weiter. Aber da wir in München wohnen, wird mir diese Entscheidung sicher bald abgenommen, wenn ich mich nicht schnell irgendwo anmelde.
Seit gestern Abend ist nun der ganze Babykram wieder an seinen Ursprungsort zurückgekehrt. Was noch zurückgekommen ist, ist meine Angst. Angst vor der Geburt. Angst, etwas falsch zu machen, Angst nicht genügend Kraft zu haben. Angst jemanden zu verlieren. Einerseits eine unberechtigte Angst, andererseits überfiel sie mich gestern Nacht so spontan und heftig, dass ich zusammen gekauert in meinem Bett lag. Tränen überströmt. „Alles wird gut, Baby.“ meint Markus, während er sich an seine wie ein Embryobaby zusammengekauerte schluchzende Frau kuschelt. „Alles ist gut.“
Jetzt ist es also soweit. Unser kleiner Junge ist ein Jahr alt. WOW. Unglaublich. Er geht und brabbelt und ist schon eine komplette kleine Persönlichkeit. Und nun ist es also wirklich soweit. Mama verlässt die Herde.
Das Muttertier zieht alleine los. Für eine Woche. Eine ganze Woche.
Ich selbst habe überhaupt keine Bedenken, dass Papa-Tier und Baby-Tier nicht klar kommen würden. Die schaffen das bestimmt ganz hervorragend. Schließlich ist Markus ein Papa, der sehr viel Zeit mit seinem Kind verbringt. Seine Freiberuflichkeit ermöglicht ihm eine große Freiheit und dem Xaver ermöglicht es, dass er seinen Papa nicht nur abends nach der Arbeit sieht, sondern mit ihm aufsteht und den Tag verbringt. Sein Papa ihm Frühstück macht, spazieren geht, Mittagsschlaf, baden, wickeln, Heulattacken überlebt. Der ganz normale Alltag eben.
Das ist nichts Neues für die Beiden. Also alles easy…oder? ...
Jetzt ist es soweit. Ich bin dann mal weg. Eine Woche nicht erreichbar. Nicht verfügbar.
Doch schon nach der ersten Nacht wird klar, dass das, was Frauen den ganzen Tag mit den Kidies so leisten, eine wirkliche Leistung ist. Ein Verdienst, der meiner Meinung nach gerne gut bezahlt werden könnte.
Während ich den Schilderungen meines Mannes am Telefon so zuhöre - sein Wehklagen über die Nächte, in denen er kaum schläft, in denen er den Kleinen nicht mehr beruhigen kann, in denen er kurz vor einem Nervenzusammenbruch steht, stelle ich mir zwei Fragen. Erstens: Wie habe ich das erste halbe Jahr überlebt, als unser Kind voll gestillt wurde und ich alle zwei Stunden aufgeweckt wurde und zweitens:
Sollte ich mein Handy bei der nächsten Reise nicht doch lieber ganz zu Hause lassen?
Markus erzählt mir was von einem Nachtkönig. „Was? Der Erlkönig? Das Gedicht von Goethe?“ „Nein, Josepha, nein. Es ist der Nachtkönig. ER ist der Nachtkönig.“ Langsam fange ich an, mir ernsthaft Sorgen zu machen. Markus hat seine Arbeit komplett eingestellt. Er beschreibt mir seine Nächte allein zu Haus:
„Schrill schreiendes Wehklagen reißt mich aus dem viel zu leichten Schlaf. Meine Zeit ist gekommen. Das ist das Zeichen für meinen Aufbruch. Jede Nacht dieses Spiel. Gezeichnet, gestraft und verdammt von den Göttern, muss ich aufbrechen, mich meinem Schicksal demütig ergebend. Durch das Dunkel der Nacht streifend, mein Haupt schwer, ob diesen schweren Kampfes.
Jede Nacht sterbe ich. Stets auf neue.
An seiner Höhle angekommen, lege ich meine Schwerter ab. Nur ohne Waffe kann ich dem Nachtkönig entgegentreten.
Ohrenbetäubend, nahe dem Wahnsinn, gellt sein schrill schreiendes Wehklagen… welch geschundenes Wesen… in einen Käfig eingesperrt, auf seinen Knien sitzend… die Nacht lässt seine Augen wie schwarze Löcher wirken, ich bin nicht sicher, ob er mich überhaupt sehen kann. Durch sanfte Worte mache ich mich bemerkbar, doch sein schneidendes Klagen übertönt alles. Über die Gitterstäbe seines Käfigs beuge ich mich, ihn seinem Gefängnis zu entreißen und zu unserem nächtlichen Kampf zu bitten.
Wie Sisyphos, bin ich verdammt jede Nacht diesen Kampf auszutragen, welchen ich nicht gewinnen kann…er ist der Nachtkönig. Er wird es immer bleiben…er…“
Was UM HIMMELS WILLEN treiben die beiden da zu Hause?
Er soll unser Kind doch einfach nur ins Bett bringen. Das ist alles. Wo ist das Problem? Ich versuche die Fassung zu wahren, was mir nicht gelingt. Vor meinem innerlichen Auge sehe ich schon, in welchem Zustand die Wohnung sich befindet, wenn ich nach Hause komme. Ich darf eine Woche Haushalt nach arbeiten, meinen durch geknallten Mann beruhigen und unser schrill schreiendes Kind wieder selbst ins Bett begleiten. Da kommt eine dritte Frage in mir hoch, die ich auch postwendend meinem Mann an die Stirn knalle:
„WER, verdammt noch mal, reitet jetzt so spät durch Nacht und Wind?! Es ist die MUTTER mit ihrem Kind - sie hält es sicher, sie hält es warm!“
Und irgendwie fühle ich mich gut dabei. Ich bin also nicht entbehrlich. Ich werde gebracht und mache hier, wie es scheint, einen verdammt guten Job. Check.
Unbestritten, irgendwann muss das Kind ins Bett. Unausgeschlafenheit gehört zu den wohl nervenaufreibendsten Kinderleiden. Denn sie führt zu permanentem Gequengel, Anhänglichkeit, Überempfindlichkeit und ohne getragen zu werden läuft, respektive krabbelt dann nichts mehr. Kurz, unser zahnloser Sohn zieht einem dann den letzten Zahn.
Mama ist nicht zu Hause, denn sie ist bei Theaterproben und das bis spät abends. Papa, also ich, würde auch gerne etwas arbeiten, das geht aber nicht, denn sobald Papa, also ich, sich umdreht, fällt das Kind um. Seit kurzem hat das Kind nämlich gelernt, sich an allen möglichen und sogar noch mehr unmöglichen Gegenständen hoch zu hangeln und abgestützt daran entlang zu laufen. Allerdings nur solange Papa zusieht.
Weicht die Aufmerksamkeit der Arbeit, die sich ins schier Unermessliche anhäuft, auf dem Computer, der nur eine Armeslänge entfernt auf dem zum Schreibtisch umfunktionierten Essenstisch steht, höre ich auch schon einen dumpfen Schlag. Der Sohnemann ist umgeplumpst. Auch wenn das keine ernsthaften Verletzungen nach sich zieht, ist der Schreck und der Ärger des süßen kleinen Kletterkünstlers so groß, dass man seinen Schrei gefühlt noch in zwei Kilometern Umkreis wahrnimmt.
Die Lösung ist, das Kind muss ins Bett.
Und zwar bald, sonst lässt Papas Konzentration irgendwann auch nach. Außerdem sind die Abendstunden nicht mehr so entspannt, wie sie einmal waren. Unser Baby hat von Anfang an unseren Rhythmus übernommen und geht normalerweise gegen Mitternacht ins Bett. Dafür schläft es auch länger. Ein richtiges Künstlerbaby eben. Doch irgendetwas hat sich verändert. Ab 19:00 Uhr ist der sonst stets so gut gelaunte Nachwuchs nämlich deutlich näher am Wasser gebaut als früher. Die kleinste Frustration, wie zum Beispiel das Verbot mit der Steckdose unter Papas Behelfsschreibtisch spielen zu dürfen, führt zu herzzerreißenden Tränen und schrillem Klagegeschrei. Ebenso das „in-den-Kinderstuhl-gesetzt-werden“ zur Fütterung oder spontan auftretende Langeweile.
Wir erarbeiten uns also einen Workflow, ein Ritual, das dem zum Quälgeist mutierten Sonnenschein signalisiert: Die Nachtruhe naht. Zuerst gehen wir noch eine Runde spazieren, bis die Dämmerung hereinbricht, dann drehen wir um und gehen nach Hause. Dort gibt es noch das bereits erwähnte „in-den-Kinderstuhl-gesetzt-werden-Drama“, den Abendbrei, der plötzlich die Geschmacksnerven des Kindes beleidigt, diverse andere Essensangebote und eine, dem Geschrei des kleinen Monsters nach zu urteilen, fürchterlich schmerzhafte Kombination aus Hände und Gesicht waschen. Zum Höhepunkt noch das Schlimmste von allem, eine Wickelung.
Der inzwischen tobende Sprössling wird dann schnellstmöglich von der Wickelstation in sein Bettchen, das nun endlich in seinem eigenen Zimmer steht, verfrachtet. Selbstverständlich nicht ohne Gute-Nacht-Milch. Das Einzige das noch einigermaßen beruhigt.
Um diesen eben beschriebenen Workflow bzw. das Gute-Nacht-Ritual, erträglich zu halten, muss das Kind um 21:36 Uhr im Bett liegen. Andernfalls halten die Schlafphasen nicht länger als maximal 15 Minuten. Das dafür bis zu 6 Mal. Aus unserer kleinen Nachteule, die sonst nicht vor Mitternacht müde wurde, kann ich so hoffentlich eine kleine Lerche machen.
Als Mami dann kurz nach Mitternacht Heim kommt und missfällig hinterfragt, warum ihr kleiner Sonnenschein um diese Zeit denn schon im Bett sei, hört sie von Papi, also mir, nur ein tonloses „Gute Nacht“ und sieht ihn erschöpft ins Bett fallen.
Leise denke ich noch so vor mich dahin, bevor der Schlaf der multitaskfähigen Väter mich umgibt: „Der morgige Abend gehört dir, liebe Mami. Viel Spaß mit unserer Lerche.“
Jetzt ist es also soweit. Das erste Mal reisen mit Kind. Aber keine normale Familienurlaubsreise. Wir „reisen“ nach Wunsiedel. Ins Fichtelgebirge. Zum Arbeiten. Für drei Monate.
Ich habe schon des öfteren gepackt in meinem Leben, aber sowas hab ich auch noch nicht gemacht. Zum Glück sind wir seit kurzem stolze Besitzer eines VW Buses. Ohne den wäre es wohl nicht zu stemmen beziehungsweise zu verpacken gewesen. Es waren unzählig viele Taschen und Koffer und Babyartikel. Wie stark wird er in drei Monaten wachsen? Welche Größe brauchen wir dann? Wird es dort kalt oder warm sein? Gut, egal, ich habe als Super Mom natürlich von den Regenstiefeln bis zur Badehose alles dabei. Wirklich alles.
Dort angekommen sind wir von der Geschmacklosigkeit unserer vorübergehend neuen Wohnung erstmal schockiert und ich frage mich, warum wir eigentlich nicht unsere kompletten Möbel mitgenommen haben? Wäre auch schon egal.
Einen Kerzen- und Couchüberzug-Einkauf später hat sich mein Gemüt wieder beruhigt und ich bin sehr dankbar, für mein Leben. Für alles, was in den letzten eineinhalb Jahren passiert ist. Ich kann tatsächlich wieder ganz klassisch in meinem Beruf als Schauspielerin arbeiten. Mit Kind und Mann und es sieht so aus, als würde ich alles unter einen Hut bekommen. Aber nur, weil ich einen ganz wunderbaren Mann an meiner Seite habe. Weil er freiberuflich arbeitet, ein mutiger Mensch ist und diesen Weg mit mir geht. Weil er keine Angst vor Veränderung hat, weil er im Kopf beweglich ist und ganz pragmatisch gesagt, weil er auf den Kleinen aufpasst, wenn ich bei den Proben bin.
Dazu kommt, dass wir ein sehr unkompliziertes Kind haben. Xaver ist entspannt. Tiefenentspannt. Es macht den Anschein, als wäre es ihm egal, wo wir sind. Er braucht nicht sein eigenes Bett oder seine Umgebung oder seinen festen Schlafrhythmus. Noch nicht. Er braucht uns. Das ist alles. Erstmal. Das macht seine Welt rund und komplett. Er will Mama und Papa. Jeden Morgen. Er will uns sehen, riechen, mit uns kuscheln und uns den Schlaf rauben, während wir seit gefühlt drei Jahren auf den ersten Zahn warten. Er braucht uns. Und wir brauchen ihn.
Manchmal frage ich mich, wie wichtig mir die Schauspielerei eigentlich noch ist? Ich meine damit, das „klassische“ Schauspiel, wo man fest engagiert ist, jemand den Probenplan macht und bestimmt, wann ich wo zu sein habe. Wo ich mich in Theaterstücken wiederfinde, die mich vielleicht gar nicht interessieren. In denen ich eine Funktion übernehme, mehr aber auch nicht. Malen nach Zahlen. Hier, diese Zeit in Wunsiedel, ist eine Art Testlauf für mich. Möchte ich wieder in dieser Form ans Theater? Jetzt, wo sich mein Leben so verändert hat?
Seit vielen vielen Jahren fahre ich hier her, um Stücke und Kollegen von mir zu besuchen. Immer mit dem Gedanken: „Irgendwann möchte auch ich hier, auf der Luisenburg, einmal spielen.“ Nun ist dieser Traum tatsächlich in Erfüllung gegangen und ich frage mich, ob es überhaupt noch ein aktueller Traum ist?
Vielleicht ist es langsam an der Zeit, dass wir uns unser eigenes Leben formen. So, wie es für uns stimmig ist. So, wie es uns glücklich macht. Ich wollte nie ein Kind, ich wollte nie heiraten und ich wollte nie ein Haus. Langsam schauen wir uns nach einem Haus um und durch unsere Hochzeit hat sich ein neues Feuer in mir entfacht. Diesen Tag festzuhalten, mit allen Details, den ganzen Zauber. Mein Mann macht schon seit vielen Jahren Hochzeitsfotografie. Warum also sollten wir nicht anfangen, unsere Talente zusammen zuschmeißen um etwas Großartiges zu erschaffen:
„Milch und Schokolade. Zusammen, was zusammen gehört. Hochzeitsfotografie Familie Wagner.“
Das wär doch was...
Josepha:
Es gab eine Zeit in unserem Leben, da wussten wir nicht, wie wir uns entscheiden sollen. Wollen wir einen Weg mit einem Kind wagen oder sollen wir alles so lassen, wie es war?
Markus:
Die wirklichen Kosten, die ein Kind verursacht, lassen sich nur überschlagen. So Pi mal Daumen. Ebenso die Veränderungen die ein Kind mit sich bringt. Alles würde sich verändern, sagen manche. Ich habe mich entschlossen, das nicht zu glauben. Ich habe mich dazu entschlossen zu glauben, dass mein Kind sich in mein Leben integrieren würde. Früher war eine meiner größten Ängste, dass ein Kind alles zum Stillstand bringen würde, Also, MEIN Leben. Womöglich klingt das banal, oder platt, aber denken wir uns hundert-, oder hundertfünfzig Jahre zurück, auf einen Bauernhof irgendwo in Bayern: niemand hätte wohl jemals ernsthaft darüber nachgedacht, dass er seinen landwirtschaftlichen Betrieb jetzt in dieser Form nicht mehr ausüben können würde, weil ein Kind kommt. Ein Kind hatte dort mitzulaufen. Im täglichen Betrieb. Das könnte also vielleicht auch für zwei Künstler im 21. Jahrhundert funktionieren.
Unsere wirkliche Angst und unsere Hoffnung mussten wir also wo anders suchen. Sie lag zwischen uns. Das was ich jetzt tun konnte, war der Mutter des Kindes Rückhalt geben.
Ja, es war die Einladung dazu, ihr nicht nur meine Liebe zu versprechen, sondern ihr zu zeigen und zu beweisen, dass diese Liebe wirklich da war, nicht so leicht zu erschüttern sein würde und dass sie sich wirklich darauf verlassen kann. Jeden Tag. Im Alltag. Egal welchen Weg sie wählt.
Dazu ein Gedicht von Markus, geschrieben eine Woche nach dem positiven Schwangerschaftstest
WEGE
ich glaube,
dass ich weiß
wohin das führen wird
und wie wir enden werden.
ich sehe uns,
wie wir dahingleiten,
voll lachen und unbeschwertheit.
voll liebe.
bis der tag kommt
an dem wir sehen,
dass wir nirgendwo ankommen
wir uns aus den augen verlieren
und die brücken die uns verbinden
immer wackeliger werden
und einstürzen
bis jeder auf seiner seite steht
und eine andere hand nimmt
mit der er ins nirgendwo weitergleiten kann
um bloß nicht weiter zukommen,
um bloß nicht anzukommen,
um bloß nicht erwachsen zu werden,
um träume nachzujagen,
die nie mehr sein sollten als träume.
ich glaube,
dass ich weiß
wohin das führen wird
und wie wir enden werden.
ich sehe uns,
wie wir dahingleiten,
voll lachen und unbeschwertheit.
voll liebe.
wir werden uns fühlen
als lebten wir in einem bilderbuch.
ich werde stark wie superman
und größer als alle riesen
die man aus märchen kennt.
die brücken die uns verbinden
werden wir an uns verankern
und die fundamente in zement gießen,
so dass sie sich nie voneinander wegbewegen werden.
unsere träume werden nicht
länger nur wie gespenster sein
denen wir hinterher jagen
ohne sie je zu erreichen.
sondern wir werden
erwachen und gemeinsam
über unsere ängste hinauswachsen
und nichts wird
unerreichbar sein für uns.
was ich nicht weiß,
ist welcher der wege,
die vor uns liegen,
welcher sein wird.
Josepha:
Heute wissen wir genau, welcher der Wege der richtige für uns war…
Ich heiße Markus. Ich bin 34 Jahre alt, Fotograf und was ich mir für mein Leben gar nicht wünsche ist ein Kind. Ja, das ist mein Ernst. Nichts ist mir fremder, als ein Kind. Vielleicht in 15 oder 20 Jahren. Wenn, oder besser, falls ich dann erwachsen sein sollte. Denn was ich aufgeben müsste, ist ein großartiges Leben. Das Großartigste! Meines. Alles hat sich um mich zu drehen und das ausschließlich. Es gibt eigentlich nur Kleinigkeiten die mich an meinem Leben stören: Ich bin Fotograf, aber leben kann ich davon nicht. Deshalb arbeite ich seit bald 10 Jahren in einem Job, der mich nicht im Geringsten erfüllt. Das lässt sich aber gut kompensieren durch maßlosen Alkoholkonsum. Bitte denken sie jetzt nicht, ich wäre Alkoholiker! Ich trinke nicht täglich, nur gelegentlich, dann aber eben maßlos. Für gewöhnlich lasse ich auch nur selten eine Party aus. Damit einher geht, dass ich mich von One-Night-Stand zu One-Night-Stand hangele, wobei es mir egal ist, ob ich gerade in einer Beziehung stecke oder nicht.
Zeitsprung ins heute.Heute bin ich 35 und ich lebe, erfüllt von echtem und greifbaren Glück, in einer riesigen Wohnung, mitten in München. Beruflich geht es steil bergauf. Projekte von denen ich jahrelang nur geträumt habe, nehmen Gestalt an. Was ist passiert? Ich bin sozusagen auf den Mars gereist. Völlig ungeplant wurde ich Vater.Und ich habe die Gelegenheit genutzt mich komplett umzukrempeln. Ängste, Blockaden, Ausreden - alles, was mich an meinem unsoliden Lebenswandel festhalten ließ, habe ich mir angeschaut. Bin alles durchgegangen, habe es aufgekocht und es blieb nichts als Dampf. Heute ist für mich völlig klar, dass es das größte Glück ist, Vater zu sein.Das ist etwas ganz besonderes. Völlig bedingungslose Liebe!
Oh, und nicht zu vergessen, heiraten werde ich auch bald.
Denn da gibt es noch diese Frau:
Servus, ich heiße Josepha. Ich bin 34 Jahre alt, Schauspielerin und was ich mir für mein Leben gar nicht wünsche ist ein Kind. Ja, das ist mein Ernst. Nichts ist mir fremder, als ein Kind. Vielleicht in 15 oder 20 Jahren.Wenn, oder besser, falls ich dann erwachsen sein sollte. In diesem Punkt waren wir zwei uns also einig.Zu recht viel mehr Punkten kamen wir dann gar nicht, denn wir wurden schwanger. Also ICH wurde schwanger. Sofort. Nach nur 4 Wochen. Ich kannte diesen Markus einen Monat. Einen einzigen Monat. Ich höre meine Mama bereits schnappatmen: „Anscheinend lange genug um schwanger zu werden, Josepha!“ „,Ja Mama, den ersten Eisprung haben wir gleich mitgenommen.“ Es war eine Katastrophe. Gut, es hatte natürlich auch seine guten Seiten, denn falls er tatsächlich bei mir bleiben würde und wir das Kind tatsächlich bekommen würden, dann könnte er total tolle Kinderfotos schießen. Er sagte doch er sei Fotograf, oder?
Das sind also: Der Markus und ich, beide nun 35 Jahre alt mit unserem Xaver, fünf Monate alt. Wir drei sind die neue Kolumnen-Family und erzählen euch, wie es sich so anfühlt, wenn man ein Geschenk bekommt, das man eigentlich so gar nicht bestellt hat.
Als ich von meiner Schwangerschaft erfuhr, dachte ich: „Was ist los mit dem Universum? Hat es die falsche Adresse raufgepappt oder ging da beim Verpacken was schief?Wo ist überhaupt dieser verdammte Retourschein?“ Wir brauchten ihn nicht. Das wurde uns nach und nach klar. Aber in mein Leben gepasst, hat diese Überraschung anfangs so gar nicht. Ich hatte gerade meine Wohnung aufgelöst und mein Festengagement am Theater gekündigt. Ich wollte etwas Neues erleben, frei sein und schauen was auf mich zukommt. Tja, das Leben hat mit Geschenken nicht gespart. Ich habe die XXL-Version bekommen. Zum Glück! So können wir heute davon erzählen, dass wir überzeug sind, dass sich ein Mensch verändern kann. Wenn er das will. Und wir haben gelernt, dass es sich lohnt, hinter seine Ängste zu blicken, denn vielleicht verbirgt sich gerade dort eine große Chance. Oder gar die große Liebe?